Tagebuch

Freitag, der 15. August 2008
Vereidigung des neuen Praesidenten

Am Freitag wohnten wir einem ganz besonderen Ereignis bei. Der neue Präsident Fernando Lugo wurde mit einer großen Zeremonie eingeführt. Schon sehr früh am Morgen machten wir uns auf den Weg, um noch einen guten Platz in der Menge zu erhaschen. Komischer Weise waren die Straßen wie leer gefegt und die Busse hatten unerwartet wenig Fahrgäste.

Im Zentrum von Asuncion begann die Begrüßung entgegen unseren bisherigen Erfahrungen erstaunlich pünktlich. Die ganze Prominenz Südamerikas präsentierte sich der jubelnden Menge. „Itaipu, Itaipu“ riefen viele Männer als der brasilianische Präsident erschien. Itaipu ist das größte Wasserkraftwerk der Welt, welches ein gemeinsames Projekt von Paraguay und Brasilien ist. Doch die Paraguayer fühlen sich durch den Vertrag geknebelt, weil sie weniger Gewinne einfahren als Brasilien. Schon oft wurde uns hier erzählt, dass Paraguay einst das größte Land in Südamerika war. Doch die Gegenwart sieht anders aus: „Jeder kann uns über den Tisch ziehen.“ Deshalb ist die Präsenz und Akzeptanz der ausländischen Regierungsmänner besonders an diesem Tag wichtig.

Sonne und stickige Luft trugen nicht gerade zur Konzentration mit bei, die spanische Rede von Lugo zu verfolgen. Schon im Wahlkampf machte er vor allem der ärmeren Bevölkerung viele Versprechungen und so waren die Inhalte seiner Rede unter anderem Bekämpfung von Hunger und Korruption. Er möchte sich an Pflichtbewusstsein und verantwortungsvollem Handeln für die Gemeinschaft der Bürger orientieren. Doch viele, vor allem die Mennoniten,  vertrauen ihm nicht, weil es Gerüchte gibt, dass er mit der fragwuerdige Verbindungen hatte. Darüber hinaus munkelt man, dass er als katholischer Bischof sieben Kinder hat. Andererseits hat ihn der Papst von seinen Pflichten freigestellt, damit er dem paraguayischen Staat dienen kann. Das ist eine große Vertrauensgeste. Sehr viel Optimismus bringen ihm die armen Bevölkerungsschichten entgegen. Was passiert, wenn sie enttäuscht werden, in ihren oft viel zu hochgesteckten Erwartungen, ist jetzt nur zu erraten, doch das eine unruhige Zeit auf Paraguay zukommt ist sicher.

Nach der Einführung von Lugo, fand eine Parade zur nahen Kathedrale statt. Doch leider waren wir nicht berühmt genug um am folgenden Gottesdienst teilzunehmen. Dafür durfte das gemeine Volk der Militärparade beiwohnen. Unsere paraguayischen Freunde wunderten sich über die neuen Lastwagen und Panzer, doch sie verstanden diese Geste auch als Zuspruch des Militärs an die neue Regierung. Dieser Punkt ist in Südamerika nicht ganz unwichtig, denn viele Regierungen sind durch Militärputsch zusammengebrochen.

Von dem Wetter sichtlich ausgelaugt, verließen wir schon gegen 15.00 Uhr die Innenstadt und traten die abenteuerliche Busfahrt zu unserer Unterkunft an. Doch der Tag war noch lange nicht vorbei, denn am Abend ging es dann in die heimischen Gastfamilien und alle freuten sich über warme Duschen und weiche Betten.