Einer neuer Regenbogen für Berlin

play on the rainbow

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Reflektionen zum "Regenbogenprojekt 2016 - Berlin" von Pfarrer Heinz-Joachim Lohmann:


Als das Regenbogenprojekt vor achtzehn Jahren begann in Südafrika begann, holte der ANC bei Wahlen nahezu Zweidrittelmehrheiten. Das Land war im Aufbruch. Deutschland wuchs fremdelnd zusammen. Die Arbeitslosigkeit im Osten war hoch, die Ossi-Wessi-Kolonialisierungsdiskussion in vollem Gange. Die Langenlipsdorfer Firma SIK-Holz befand sich im Aufbau sowie der Kirchenkreis Niederer Fläming in der Gewöhnung an die Gemeinschaft von Jüterbog und Luckenwalde. Es gab noch die Dreifaltigkeitskirchengemeinde in Lübeck-Kücknitz und wir waren noch Pfarrer am Anfang unserer Dienstzeit.

Nach einem großartigen Projekt in Südafrika stand das erste in Deutschland ganz im Zeichen des fortschreitenden Wachstums. Diskussionen gab es über eine mögliche Zukunft des Projektes, Auseinandersetzungen über langfristige Planungen oder einen Schwerpunkt auf dem, was gerade vor uns liegt. Optimisten contra Skeptiker, Kleingläubige contra Himmelsstürmer. So wuchs der größte aller Regenbögen, brachte uns in vielerlei Hinsicht an unsere Grenzen und trug uns darüber hinaus.

Nun sind wir beim Einstieg in die letzte Runde unseres Berufslebens angekommen. SIK-Holz hat sich auf deutschen und europäischen Märkten etabliert. Der Kirchenkreis Niederer-Fläming hat längst die nächste Vereinigung hinter sich, die Dreifaltigkeitsgemeinde ist in eine Großgemeinde aufgegangen. In der deutschen Vereinigung sind die Kolonialisierungsdiskussionen nicht vergessen, aber vorbei. Die Mehrheiten für den ANC in Südafrika brechen gerade zusammen.

Das Projekt endete im vergangenen Sommer in Premnitz. Den südafrikanischen Bogen hatten da schon lange die Termiten gefressen. Den Berliner besuchten wir zum Abschied noch einmal im Mauerpark. Nach den vielen Kleineren, die seither entstanden sind, kam er uns groß vor. Und immer noch gut in Schuss.

Das bezweifelte das Grünflächenamt des Bezirkes Pankow. Im Oktober legte es die Kettensäge an, rücksprachefrei und kommunikationslos nach allen Seiten. Damit war auch der zweite Bogen Geschichte. Ein Haufen abgesägter Stummel kündete davon, dass hier einmal mehr war. Proteste der Freunde des Mauerparks, der RegenbogenbauerInnen und von anderen führten zu einem Plan der Erneuerung: Drei kleine Bögen statt eines Großen, jeweils mit unterschiedlichen Funktionen, zwei davon gebaut von einem Regenbogenteam, der dritte in Verantwortung des Bezirkes.

Die beiden vom Regenbogenteam Verantworteten sind nun fertig. Sie entstanden Ende Juli in gemeinsamer Arbeit mit den Freunden des Mauerparks und Geflüchteten aus Syrien. Die kleine Gruppe der Teilnehmenden kam aus Deutschland, Südafrika und Tansania und fand Unterschlupf im theologischen Konvikt in der Borsigstraße. Dort standen auch noch die Fahrräder, die uns im vergangenen Jahr als Transportmittel und Freizeitbeschäftigung dienten. Sie ermöglichten den Weg zur Baustelle und die Erkundung der Stadt nach der Arbeit.

Beim ersten Projekt war Berlin noch eine große Baustelle. 1999 war das Jahr des Umzuges des Bundestages von Bonn nach Berlin. Die erste Sitzung fand nach dem Sommer im September statt. Das Kanzleramt wurde erst 2001 in Betrieb genommen.

Siebzehn Jahre später befinden wir uns im sommerlichen Berliner Hauptstadtalltag. Die ehemalige Teilung ist kaum noch nachvollziehbar. Die Stadt ist längst wieder eins geworden. Selbst Mauerpark und Gedenkstätte Berliner Mauer bleiben abstrakt. Sie markieren die Trennlinie, können aber trotz großformatiger Fotos den damaligen Zustand mit Beton, Soldaten, Stacheldraht und Minen nicht mehr fühlbar machen.

 

An einem der Abende machen wir uns radelnd mit Cath und Linda aus Tansania und Lungile aus Südafrika auf den Weg von dem einen der beiden Zentren zum anderen, von unserem Wohnort im Osten zum Zoo im Westen. Dabei stehen der Dom und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche für zwei sehr verschiedene Konzepte des Entwurfs eines Stadtbildes. Der Dom ist die Rekonstruktion einer als erhaltenswert eingestuften Vergangenheit, während die Gedächtniskirche sowohl ein Bekenntnis zu den Narben der Vergangenheit darstellt als einen Entwurf, der einen Neuanfang in seiner Gegenwart abbildet. In Berlin begegnet Beides auf Schritt und Tritt. So wie Großstadtleben neben riesigen Grünflächen, Hauptverkehrsstraßen und in der ganzen Stadt autofreie Radwege am Wasser. Im Tiergarten trifft sich das Zentrum der Macht mit völlig entspannten Menschen auf Wiesenflächen. Höhepunkt für Linda ist die St-Hedwigs-Kathedrale. Sie symbolisiert für die Katholikin ein Stück Heimat in der Fremde.

Unsere afrikanischen Teilnehmerinnen fühlen sich von der Stadt nicht erschlagen, sondern inspiriert. Für sie gilt, was in allen vorhergehenden Projekten wichtig war: An einem Spielplatz mitzuarbeiten, der noch dazu ein Symbol für Frieden und Versöhnung ist, gibt das Gefühl an etwas Besonderem beteiligt zu sein.